Die Ecken müssen rund – Ein Blick auf Design und Technologie

Die Ecken müssen rund – Ein Blick auf Design und Technologie

2004, irgendwo zwischen Coffee-to-go und float:left. Wir waren Teil eines Teams, das gerade an einer neuen Plattform arbeitete – ambitioniert, zukunftsfreudig, vielleicht ein bisschen zu euphorisch.

Das Briefing war durch, die ersten Wireframes gezeichnet. Und dann kam der Satz aus dem Design: „Die Ecken müssen rund.“ Kein Witz, kein Wunsch. Eine Designforderung. Überall im Raum: anerkennendes Nicken – denn natürlich wäre das schöner. Und zugleich ein leises Zögern. Denn technisch war das alles andere als trivial.

Damals war das Web voller Aufbruchsstimmung. Designer:innen und Entwickler:innen wollten beide mehr. Mehr Intuition, mehr Ästhetik, mehr Nutzerfreundlichkeit. Was fehlte, war nicht der Wille, sondern die Werkzeuge. CSS3 lag in weiter Ferne. border-radius war ein Traum.

Und so wurde das, was heute eine banale Eigenschaft ist, zum Sinnbild für ein Problem, das wir bis heute kennen: Wie bringt man gestalterischen Anspruch und technische Machbarkeit zusammen?

In den frühen 2000ern war Webdesign ein Feld voller Kompromisse, kreativer Workarounds und technischer Grenzen. Es war die Zeit, in der Pixel gezählt wurden, das Box-Modell regelmäßig für Verwirrung sorgte – und runde Ecken eine echte Herausforderung darstellten.

Während Designer:innen sich sanfte Kanten und harmonische UI-Elemente wünschten, stießen Entwickler:innen beim Versuch der Umsetzung auf erhebliche Hürden. CSS kannte noch keinen border-radius, dafür aber viele komplexe Umgehungslösungen. Und so entstand eine typische Szene jener Jahre: Das Design strebte nach Ästhetik – und der Code stöhnte leise.

Einfacher im Code, komplexer im System

Mit CSS3 wurde vieles einfacher. Plötzlich genügte ein einfacher Befehl: border-radius: 4px; – fertig ist der abgerundete Button. Was damals wie ein endgültiger Sieg des Designs über die Technik erschien, verdeckte jedoch einen wichtigen Wandel: Das Problem der runden Ecken ist zwar gelöst, doch die dahinterliegende Komplexität hat sich verlagert.

Heute geht es nicht mehr primär darum, ob wir ein Design umsetzen können, sondern wie wir es so bauen, dass es skalierbar, wartbar und für zukünftige Erweiterungen gerüstet ist. Ein Design, das technisch nicht von Anfang an mitgedacht wird, kann später zu erheblichen Problemen führen – von Inkonsistenzen bis hin zu unnötigen Kosten.

Design, das technisch denkt

Genau hier setzt unsere Philosophie an: Wir glauben an technikorientiertes Design. Das bedeutet für uns, dass Design und Entwicklung von Anfang an Hand in Hand arbeiten. Es geht nicht nur darum, was gut aussieht, sondern auch darum, was effizient, robust und zukunftsfähig ist.

Wenn Design und Entwicklung dieselbe Sprache sprechen und gemeinsam an Lösungen arbeiten, entstehen Produkte, die nicht nur visuell überzeugen, sondern auch unter der Haube perfekt funktionieren.

Das führt zu:

  • Weniger Missverständnissen und Nachfragen.
  • Höherer Qualität und Konsistenz im Endprodukt.
  • Schnelleren Projektlaufzeiten und effizienteren Prozessen.

Die Ecken sind längst rund – die Qualität liegt im System

Wir haben heute mehr Möglichkeiten denn je, ansprechende digitale Produkte zu erschaffen. Die kleinen Schlachten um die runden Ecken sind längst gewonnen. Doch die große Lektion bleibt: wahre Qualität im Web entsteht, wenn Design und Technik sich gegenseitig verstehen und ergänzen. Technikorientiertes Design ist kein Luxus; es ist die Grundlage für alles, was im Web Bestand haben soll.

Und ja, die Ecken dürfen und sollen weiterhin rund sein. Aber bitte mit System und Struktur.

Über die Autorin

Nora v. Schenckendorff ist geschäftsführende Gesellschafterin bei heinrich+gretchen. Mit über 25 Jahren Erfahrung in der Beratung, strategischen Analyse, Konzeptentwicklung und dem Design web-basierter Systeme bringt sie eine einzigartige Perspektive an die Schnittstelle von Design und Technologie. Sie brennt dafür, digitale Produkte nicht nur schön, sondern auch smart, effizient und zukunftssicher zu gestalten.